Philomena Franz
TätigkeitSchriftsteller_in
Philomena Franz, geboren 1922 in Biberach, Deutschland, war die erste Frau unter Roma und Sinti, die ihre Erfahrungen in den Konzentrationslagern des Dritten Reichs zu Papier brachte. Als Kind einer Sinti-Familie von Musiker_innen und Schauspieler_innen mit langjährigen Wurzeln in Deutschland, sang und tanzte Franz bereits als junges Mädchen in ihrer Familientruppe. Sie erinnert sich gerne an Höhepunkte dieser Zeit, zum Beispiel die Auftritte im Lido in Paris und im Wintergarten in Berlin.
Dieses Leben der Kreativität und Freiheit endete in den späten 1930er Jahren, als ihrer Familie zuerst die Pässe entzogen und dann ihre Instrumente konfisziert wurden. 1943 wurde Franz nach Auschwitz deportiert. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch aus Ravensbrück floh Franz 1945 erfolgreich aus einem Lager bei Wittenberge und rettete ihr Leben mithilfe eines deutschen Bauern, der sie versteckte. Nach Kriegsende stellte sie fest, dass ein Großteil ihrer Familie in den Lagern ermordet worden war. Für die überlebenden Sinti und Roma war Hilfe nicht ohne weiteres verfügbar, sodass Philomena Franz zusammen mit anderen Sinti-Musiker_innen eine Band gründete, die durch das Land tourte, um für die alliierten Truppen zu spielen.
Während dieser Zeit lernte sie Oskar Franz kennen, sie heirateten und hatten fünf Kinder. In den folgenden Jahren litt sie unter schweren Depressionen, ständigen Albträumen und einem unerbittlich wiederkehrenden Gefühl der Gefangenschaft. Sie kämpfte auch mit der mangelnden offiziellen Anerkennung der Viktimisierung von Sinti und Roma im Holocaust und der fehlenden Restitution.
Als in den 1970er Jahren einer ihrer Söhne in der Schule als »Zigeuner« verspottet wurde, sah sich Philomena Franz gezwungen, mit den dortigen Schüler_innen und Lehrer_innen über den Holocaust zu sprechen. So begann sie, ihre Erinnerungen an die Konzentrationslager dem Publikum mitzuteilen und in Erzählungen zu fassen.
Philomena Franz veröffentlichte ihre Märchen für Kinder 1982 in der Sammlung »Zigeunermärchen«, und 1985 hielt sie ihre Erinnerungen an das Leben und die Familie, die sie im Holocaust verloren hatte, sowie ihre Erfahrungen mit der Gefangenschaft in Auschwitz in ihrer Autobiografie [»Zwischen Liebe und Hass: Ein Zigeunerleben« fest. 1995 wurde sie mit dem »Bundesverdienstkreuz am Bande« ausgezeichnet und 2001 vom zivilgesellschaftlichen Netzwerk »Europäische Bewegung Deutschlands« zur »Frau Europas 2001« ernannt. (Quelle: https://www.romarchive.eu/de/collection/p/philomena-franz/)